Waterroads almost blocked…

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…könnte man meinen, bei diesem dichten „Strassenbelag“ aus Wasserhyazinthen. Während zuhause der Frost klirrt, blüht und gedeiht es hier in den Kerala Backwaters. Der Frühling ist in vollem Anmarsch und nach dem letzten Vollmond, an dem man Shiva, Parvati und der Familie gedachte, hat sich auch das Wetter noch einmal schlagartig geändert. Es wird warm, sehr warm. Von den höheren Lagen mit den Teeplantagen auf rund 1000 Metern bis hinunter zu den Wasserstrassen der Backwaters – die Temperaturen steigen deutlich. Fein.
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Der Vebanaad-See ist mehr als vier Mal so groß wie der Bodensee, dazu kommen Tausende von größeren und kleineren Wasserstrassen. Es ist ein schier unüberschaubares Labyrinth, durch das wir uns mit dem Boot hindurchschlängeln, begleitet von Kormoranen, Reihern, großen und kleinen smaragdfarbenen Eisvögeln, und vor allem von der Freundlichkeit der Menschen. Wie traurig wäre doch diese Welt, wenn wir diese Begegnungen nicht mehr hätten. Jeder für sich… eine gruselige Vorstellung. Indien ist Indien ist Indien und nirgendwo so strahlend herzlich wie in Kerala. Also stimmt es eben doch: #lifewithoutindiaisnotpossible
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Munnar liegt auf etwa…

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…Meter, es sind die größten und bekanntesten Teeplantagen im südlichen Indien. Die überwiegende Mehrheit der Menschen hier folgt christlichen Religione. Syrisch-orthodox, katholisch, anglikanisch. Die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Plantagen kommen meist aus dem benachbarten Tamil Nadu, das stark hinduistisch geprägt ist und deutlich ärmer als das für indische Verhältnisse reiche Kerala. Deswegen wirken auch auf die meisten Bewohner von Munnar die religiösen Zeremonien und Praktiken, die zu Ehren des Gottes Shiva und seiner Gefährtin Parvati am Vollmondtag von den vorwiegend aus Tamil Nadu stammenden Hindus abgehalten werden, etwas befremdlich. Vielleicht liegt es ja auch an meiner katholischen Jugend, aber auch ich kann dem Trance geschuldeten Schmerzensweg mit Haken im Rücken und Pfeil durch die Wangen wenig abgewinnen…
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Für die Schüler ist es immerhin eine willkommene Unterbrechung des Schulalltags und vielleicht auch ein gutes Beispiel dafür, dass Bildung der Geundstock sein kann, für einen Weg in eine aussichtsreichere Zukunft.
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So malerisch und harmonisch schön uns auch die Teelandschaft von Munnar anmuten mag, das Pflücken der Teeblätter ist Handarbeit und mehr als nur ein Knochenjob. Alles ist eigentlich wie vor Hundert Jahren unter den Engländer und damals war das Leben alles andere als heiter. Das wissen auch die Schülerinnen und Schüler. Teepflücken ist keine Zukunft.
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Kochi – letzter Tag…

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…und noch einmal besuchen wir die ein oder andere location wie etwa das Pepperhouse. An der verwirrenden Skyline aus surrealen Gebäuden hat der Künstler 26 Jahre gearbeitet. Der Blick durch die Frontseite des rund 15 Meter langen Glaskastens eröffnet eine gespiegelte Silhuoette einer abstrakten Stadt. Die drei Schmerzensmänner hingegen entstammen der portugiesischen Periode aus dem 16 Jhd. und sind kein Teil der Biennale, sondern einfach Exponate in einem Antiquitätengeschäft. Aber irgendwie passen sie einfach dazu…
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Bei all dem künstlerischen Input lobe ich mir aber auch manchmal die Vielfalt der Natur, wie hier der Korb mit fangfrischen Tintenfischen…
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Und weil wir in Indien sind und nicht nur auf einer Kunstreise, ist es auch mal ganz erfreulich, zum Shivatempel zu gehen. Vor allem wenn so wie hier ein großes Tempelfest gefeiert wird. Die Mischung macht’s…
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Schmutzige Wäsche und die alltägliche Kunst …

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…der Kochi Muziris Biennale oder nur Herr Suresh’s kleiner Ruhm. 2016 wurde den Wäschern von Kochi, deren Waschstation noch auf die Zeit der Engländer zurückgeht, ein zu Recht kleines künstlerisches Denkmal gesetzt. Herr Suresh wurde stellvertretend für alle Dhobi-Wäscher mit einem großen Wandgemälde geehrt, denn wo einstmals britische Uniformen per Hand gewaschen wurden, wird jetzt immer noch per Hand gewaschen, nur eben für Hotels und gut situierte Inder. Der gleiche Job unter neuen Herren. Inzwischen ist diese Wäscherei, in der die harte Arbeit noch ohne Waschmaschine und nur von Hand gemacht wird, eine kleine Touristenattraktion. Man sieht zu, wie Indiens schmutzige Wäsche gewaschen wird. Wie schräg ist das denn? Als gäbe es nichts anderes zu empfinden. Herr Suresh, dessen Sorgen eher weniger in der Adaption moderner Street Art liegen, war trotzdem so freundlich, sich für dieses Doppelportrait ohne großes Trara zur Verfügung zu stellen. Ein bißchen Stolz, ein bißchen Genervtsein – das steht im zu, denn davon kann er nicht abbeißen. Und trotzdem ist es ein starker Moment der Kochi Muziris Biennale, so dicht an den Menschen vor Ort zu sein. Ganz im hintersten Eck dieser skurilen Weißwäscherei arbeitet auch eine kleine, sehr dunkelhäutige, 75 jährige Dame aus Tamil Nadu. Seit Jahrzehnten wäscht und bügelt sie hier schmutzige Wäsche der besseren Welt. Auch sie wäre wohl ein bewegendes Motiv gewesen, aber der Respekt vor ihrem einfachen Leben und ihrer alltäglich über die Jahre hinweg immer mehr als harten Arbeit verbieten es, ein Bild von ihr zu machen. Dank an Herrn Suresh, der mit seiner Geduld den Dhobis von Kochi ein Gesicht gegeben hat.
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Ein ganz großes Kunstwerk der Natur sind auch diese Japanische Laterne oder der gefranste Hibiskus, der ein paar Straßenecken weiter vor sich hinblüht oder die Blüten des Kanonenkugelbaums, die auf die Strasse purzeln. Ohne große gärtnerische Pflege, einfach so…
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Die andere Biennale, oder…

 IMG_3476…was wir in Kochi lernen können zu verstehen. Das große Schlagwort unserer Tage ist sicherlich  Eurpoa und der Eurozentrismus – im Alltag und der Kunst und im Alltag. Heute, an dem Tag, an dem Great Britain sich in eine Kolonie verabschiedet, kräht in dem Land, das einstmals größte Kolonie war, kein Hahn.  Rule Britannia ist zunächst einmal kein Thema. Warum auch in einem Land, das viel größer, weiter und gänzlich anders ist als unser geschätztes und geliebtes Zuhause. Aber, hatten wir diese Kategorien, dies Denkschachteln, nicht hinter uns gelassen? Waren wir nicht soweit, auf ein neues und zukunftsweisendes „Miteinander“ zuzugehen?
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Ein „non alieted life“, ein nicht entfremdetes Leben, ist das nicht auch bei uns ein ständiges Thema? Während wir uns um Alexa oder sonstige digitale Wohlstandssorgen kümmern, sind es in diesen Ländern sehr bodenständige Probleme. Die Freiheit der Meinugsäußerung, der alltägliche Kampf ums Überleben, die Sehnsucht nach Freiheit…
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Sailors of the Malabar Coast
In Kochi auf der Kochi Muziris Biennale zeigt sich, wie weit wir doch voneinander entfernt sind. Welten entfernt in einer Welt. Gruselig. Da sind sind diese Empathie und die politische Klarheit auf dieser Biennale sind ein Dampfhammer und eine Lehrstunde! Wo sind  bei unseren neuzeitlichen Malaisen unsere Antworten? Puffffffff… da bleibt nichts übrig, würde ich nun mal sagen. Kunst für die “ Happy few“ ist gruselig. Ob nun die künstlerische Qualität, Originalität, Vision hier in Kochi immer ganz vorne stehen mögen, darüber kann jeder gerne für sich nachdenken. Hier in Kochi auf der Kochi Muziris Biennale aber wird eines klar: Es ist eine große Biennale für Menschen und es gilt: „So nicht: good old western world – behave yourself!“
IMG_3508IMG_3453Die Exponate sind emotional, ergreifend, dicht – machmal atemraubend. Was soll man noch sagen über eine chinesischen Künstler, der familiäre Nähe zum Thema macht??? Körperliche Nähe ist in der Familie ein Tabu und in der Video-Installation streicht der Künstler sanft über“clips“, die  Aufnahmen seines Vaters zeigen. Mag sein, dass es etwas zu emotional ist, mag sein vielleicht kitschig – nein, es ist echt. Und damit tun wir uns schwer zuhause..
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… oder die Rikshafahrer, denen es in Vietnam verboten wurde, ihrem Beruf nachzugehen und die jetz für diese Installation unter Wasser weiterstrampeln. Wie viel müssen wir noch sehen, um zu sehen, dass das, was wir bei uns zuhause sehen, nicht die Welt ist…
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IMG_8587   klick the blue link for video…
Vor ein paar Jahren gab es hier einmal einen Beitrag über Frauen im Iran, die nur eine verwerfliche Sache machen… singen…und dann das, ein Wehklagen, das keiner hört, das im Nichts seine Stimme erhebt. Respekt!